Homophobie und Sexismus im Fussball – Redebeitrag zur Demo gegen Partypatriotismus zur WM 2018:

Wenn Schauspieler_innen, wenn Politiker_innen, wenn Musiker_innen, wenn andere Personen des öffentlichen Lebens ihr Coming Out haben, ist es zwar zumeist noch eine Meldung in den Medien wert, jedoch sind diese nicht zu vergleichen mit dem medialen Echo, welches ein ähnliches Coming Out im Fussball nachklingen würde.

Sätze wie: „Heul doch nicht rum, du Schwuchtel“, „du Homo“, „du schwules Arschloch“ oder generell das Wort „schwul“ als vorgestelltes Attribut nahezu jeder Beleidigung, sind beginnend in den Dorfligen bishin zu Fussballweltmeisterschaften quasi Tagesgeschäft. Der Aufschrei auf und neben dem Platz ist vergleichsweise gering. Zwar hat sich die Fussballwelt in den letzten Jahren zunehmend sensibilisiert, von einer notwendigen Auseinandersetzung, die dem Thema gerecht wird, ist man jedoch noch weit entfernt.

Offensichtlich ist es für die bekannten Fussballverbände, FIFA, UEFA oder DFB eine Überforderung, sich tiefgründig mit mehreren Formen von Diskriminierung zu beschäftigen. So liest und sieht man zwar immer wieder Kampagnen gegen Rassismus im Fussball – nach großen Kampagnen gegen Homophobie warten man nach wie vor vergebens.

Ein Beispiel verdeutlicht das – wohlwollend ausgedrückt – fehlende Bewusstsein von Fussballverbänden und deren strukturelle Homophobie. In einem Fall sollte ein Fussballspieler für 6 Spiele gesperrt werden, weil er seinen Gegenspieler rassistisch als „schwarzes Schwein“ bezeichnet haben soll. Der Beschuldigte gab vor dem Sportgericht zu ihn beleidigt zu haben, jedoch „nur“ als „schwules Schwein“. Konsequenz des Sportgerichts? Nur 3 statt 6 Spiele Sperre.

Dass die FIFA kritiklos WMs nach Russland und Katar vergibt, wo Homosexualität ein Tabuthema beziehungsweise sogar verboten ist, zeigt ebenfalls den wenig kritischen Umgang der FIFA.

Homophobie scheint im Fussball eine ihrer letzten Wohlfühlzonen gefunden zu haben. Als »eine Domäne heterosexueller, monokultureller Männlichkeit« und »eng verbunden mit dem Bild vom starken Mann« beschreibt Bundesligaspielerin Tanja Walther-Ahrens in ihrem Buch »Seitenwechsel. Coming-out im Fußball« den Fussball.

Kein Platz für Weichlichkeit.

Kein Platz für Abweichen vom Postulat der unbedingten Männlichkeit.

Zwar bemühen sich Trainer, Spieler und Funktionäre immer wieder dem Thema die nötige Sorgfalt und Berücksichtigung zu schenken, doch leider sind dies zumeist nur hohle Phrasen.

Als Thomas Hitzlsperger, ehemaliger Nationalspieler, nach seiner Karriere sein Coming Out vollzog, seien Bundestrainer Joachim Löw und Manager der deutschen Nationalmannschaft Oliver Bierhoff verständnisvoll gewesen, haben diesen Schritt als etwas völlig normales begrüßt.

Selbiger Oliver Bierhoff bezeichnete Gerüchte, es gebe in der DFB-Auswahl und ihrem Trainerstab viele Homosexuelle, als „einen Angriff auf meine Familie – die Familie der Nationalelf“. Ganz so egal scheint die sexuelle Orientierung wohl doch nicht, betrachtet man derartige Beißreflexe.

Wo Verbände und Vereine versagen, versuchen vereinzelt organisierte Fangruppen auszubügeln. Zunehmend sieht man Regenbogenfahnen in Fankurven, liest über Queere Fan- und Ultragruppierungen, welche das Thema LGBTIQ* und Fussball begleiten. Auch wenige – zumeist als links gesehene – Vereine beschäftigen sich inhaltlich, wie auch symbolisch mit dem Thema.  Der FC. St. Pauli läuft beispielsweise mit kleinen Regenbogenfahnen im Trikot auf, im Karl-Liebknecht-Stadion des SV Babelsberg wehen relativ prominent jene Fahnen. Insgesamt gehen homophobe Gesänge und Spruchbänder in den oberen Ligen leicht zurück, sind aber immer noch nicht vollständig vertrieben.

Viele Clubs ducken sich weg, um Imageschäden zu vermeiden – Trainer, Funktionäre etc. gehen Debatten aus dem Weg

Homophobe Äußerungen passieren „Im Eifer des Gefechts“.

Man spricht „das intern an. Aber da kochen die Emotionen auch mal hoch, das kann man dem Junge nicht übel nehmen.“.

Dany Frick – ein Spieler vom FSV Zwickau beleidigte einen Gegenspieler als „scheiß Schwuchtel“, das entsprechende Video hat der MDR auf YouTube hochgeladen. Überschrift: „Frick mit verbaler Entgleisung“ – Kein Wort zum homophoben Charackter.

An vielen Stellen wird schlicht verharmlost, wird weggeschaut, wird weggeredet.

So auch beim Thema Sexismus.

Jüngstes Beispiel, die erste und bisher einzige Kommentatorin bei einer WM beim ZDF, bekommt einen Shitstorm, ist  „So ’ne heisere Krächztussi“, die keine Ahnung von Fussball hat. Ähnliches gab es bei dieser WM auch bei der englischen BBC und in Schweden.

Frauenfussball selbst genießt nach wie vor nicht den gleichen Stellenwert, wie der Herrensport. Deutlich weniger Zuschauer_innen, schlechtere und weniger Sponsoren, kleinere Ablösen und deutlich schlechtere Gehälter. Wer die Angleichung der Gehälter zwischen Mann und Frau* fordert, darf bei dieser Forderung auch im Fussball nicht halt machen.

Wer fordert, dass Politik im Fussball und Stadion nichts zu suchen habe, verkennt, dass Sport, hier Fussball nicht im luftleeren Raum stattfindet, sondern immer eine Projektion der Gesellschaft darstellt. Politik ist integraler Bestandteil vom Sport und ist notwendigerweise auch im Stadion verortet. Forderungen, die versuchen Politik aus dem Stadion zu drängen sind auffällig oft welche, in Reaktion auf Kritik an rassistischen, sexistischen oder homophoben Vorkommnissen in Stadien. Explizit, wenn weiße, heterosexuelle Männer versuchen sich ihren wohl noch einzigen wahren Freiraum zu erhalten.

Wir fordern Vereine und Verbände auf, Gruppen & Initiativen, die sich mit Queer*-Fragen im Fussball beschäftigen deutlich stärker zu unterstützen, um sich selbst, aber auch Spieler und Fans für die Auseinandersetzung mit dem Thema zu sensibilisieren.

Außerdem fordern wir, dass keine großen Turniere in Ländern stattfinden, in denen Homophobie oder andere menschenverachtende Ideologien Staatsraison sind.

Fussball muss man nicht mögen – Fussball als Ort, an dem Homophobie und Sexismus ohne großen Widerspruch tagtäglich zu sehen ist kann man nur hassen.

In diesem Sinne: Lieb‘ doch, wen du willst!

Unser Redebeitrag vom 07.Dezember 2017 anlässlich der Proteste gegen die in Leipzig stattfindende Innenministerkonferenz:

 

Wir, als Linksjugend sind heute hier, um uns gegen die undemokratische Institution der IMK zu positionieren. Die Innnenministerkonferenz ist ein extrem mächtiges Gremium. Dennoch ist sie kaum von Gegenöffentlichkeit begleitet. Zudem ist ihre Zusammensetzung fragwürdig. Sie spiegelt nicht annähernd die politischen Mehrheitsverhältnisse wieder. So sind trotz Regierungsbeteiligungen in den Ländern weder FDP-, Grüne-, noch Linkepolitiker_innen vertreten. Dies zeigt die Dominanz der Union bei dieser Thematik.

Dies zeigt sich auch in der Themenauswahl der Konferenz: Sie gliedert sich in sechs Arbeitskreise, auf die wir im Folgenden kurz eingehen werden.

Der erste AK „Staatsrecht und Verwaltung“ beschäftigt sich mit der Ausweitung
der Videoüberwachung im öffentlichen Raum, was Bürgerrechte massiv einschränkt. Des Weiteren tagt der AK unter der Prämisse „Optimierungspotenziale zur Rückkehr“ zu nutzen. Wir wissen alle, dass dies nur auf mehr Abschiebungen ziehlt. Noch brutaler kommt nur der Vorschlag der CDU SN und der CSU, ab 2018 Abschiebungen nach Syrien zu erwirken. Dafür ist man sich auch nicht zu schade mit einem Kriegsverbrecher wie Assad zu verhandeln.

Auch „Arbeitskreis II „Innere Sicherheit“ macht wenig Hoffnung auf Besseres. Hier wird von Gefahrenabwehr und Verbrechensbekämpfung gesprochen, worüber nicht gesprochen wird, ist in diesem Kontext Racial Profiling. Soziale Sicherheit als beste Kriminalitätsprävention kommt gar nicht zur Sprache. Weiter wird über die Optimierung der länderübergreifenden Zusammenarbeit der Spezialeinheiten gesprochen. Jedoch wird hier ignoriert, dass Spezialeinheiten im Zivilen eingesetzt werden, wo sie nicht notwendig sind. Spezialeinheiten sind geringerer
demokratischer Kontrolle unterworfen. Der Einsatz dieser Spezialeinheiten erhöht das Gewaltpotential und die Hemmschwelle für die Gewalt.

In AK III „Kommunales“ wird nicht über die tatsächlichen Finanzierungsprobleme gesprochen, die die Kommunen zu zerreißen drohen. Man müsste über die Schuldenbremse und Investitionen in die Infrastruktur reden und nicht darüber den finanziellen Schraubstock an die Kommunen anzulegen und zuzuziehen. Dieses Finanzproblem zeigt sich auch bei der Unterbringung von Geflüchteten.

Der AK IV Verfassungschutz beschäftigt sich glücklicherweise mit Rechtextremismus und dem NPD-Verbotsverbotsverfahren. Allerdings wird hier sowohl ignoriert, dass der Verfassungsschutz und auch die Polizei ein waschechtes Problem mit Nazis in den eigenen Reihen hat. Dies zeigte sich am deutlichsten am bisher noch immer unaufgeklärten NSU- Komplex, wo Gelder des Verfassungsschutz aktiv in die Morde gesteckt wurden. Zudem wird ignoriert, dass das NPD-Verbotsverfahren auch aufgrund von Fehlern der Antragssteller gescheitert ist.

Der Arbeitskreis V „Rettungswesen und Katastrophenschutz“ sollte sich endlich mit staatlicher Grundsicherung von Feuerwehren auseinandersetzen. Und auch um eine funktionierende Ausrüstung des Katastrophenschutzes kümmern. Insbesondere im Bezug auf Hochwasserschutz brauchen wir auch die Wiedereinführung der Pflichtversicherung gegen Elementarschäden.

Der letzte Arbeitskreis „Organisation, öffentliches Dienstrecht und Personal“ müsste sich mit einer Verbesserung des wichtigen öffentlichen Dienstes befassen. Wir fordern im öffentlichen Dienst eine faire Entlohnung.

Es gibt wichtige Dinger über über die gar nicht geredet wird: Zum Beispiel darüber, dass ein verfälschtes Sicherheitsempfinden besteht, Menschen fühlen sich trotz objektiver Sicherheit unsicher. Dass Aufgrund des Personalmangels die Einstiegshürden und Ausbildungsqualität der Polizei weiter gesenkt werden und dennoch diese weiter militarisiert wird. Zudem ist sie nicht ausreichend demokratisch legitimiert. Dass die beschlossene Vorratsdatenspeicherung nutzlos ist und dennoch Bürger_innenrechte und organisierte Zivilgesellschaft massiv einschränkt.

Wir fordern daher, dass dieses undemokratische Gremium durch ein niederschwelliges und demokratischeres Gremium, das den Bürger_innenwillen besser abbildet, ersetzt wird.

Am Samstag, dem 28.10. hatten wir Stadtjugendtag – also unser höchstes Organ. Auf der Tagesordnung standen einige Dinge.

Nachdem wir, gestärkt durch ein „Frühstück“ um 14 Uhr, mit einem ziemlich spannenden Input zur Neuen Rechten, deren geistigen Strippenziehern und einem damit verbundenen Ausblick auf die anstehenden NoCompact-Proteste in den Tag starteten, ging es anschließend mit dem etwas trockeneren aber nicht weniger wichtigeren Teil weiter. Nach der Konstituierung behandelten wir drei Anträge. Einer davon legt innerhalb unseres Budgets einen festen Part fest, welcher für die Neumitgliederbetreuung reserviert ist.

Danach ging’s mit Wahlen weiter. Oder präziser gesagt: Mit Nominierungen für den kommenden Bundesparteitag. Wir haben mit Bianca und Nico zwei Menschen nominiert, welche wir dem Stadtparteitag der LINKEN Leipzig am 11.11. (dort werden die Bundesparteitagsdelegierten dann wirklich gewählt) als unsere Jugendkandidat_innen vorschlagen. Wir hoffen, dass der Stadtparteitag unserem Vorschlag auch folgt – war leider nicht immer so.

Danach ging’s noch um Geld. Wir haben unsere beiden ehemaligen Schatzmeister_innen (liebevoll ‚Schatzi’s‘ gerufen) entlastet und zwei Nachfolger_innen gewählt. Bonnie und Johannes dürfen sich im kommenden Jahr als die Hüter_innen unserer Schätze ausweisen.

Im Anschluss gab es noch eine relativ lange und intensive Diskussion über uns, unsere Arbeitsweise, unsere Struktur und über Ideen für die nächsten Wochen und Monate. Nachdem auch das und die Pizzen geschafft waren, gingen wir noch zum wichtigen Tagesordnungspunkt ‚Party‘ über, welcher in gewohnter Souveränität gemeistert wurde.

Danke an alle, die da waren und mit geholfen haben!