In Frankreich gibt eine landesweite Protestbewegung, die sich ursprünglich an einer Benzinpreiserhöhung entzündete und sich zu einer allgemeinen Kritik an der Politik Macrons entwickelt hat. Obwohl die geplante Steuererhöhung inzwischen zurückgenommen wurde ist klar: Macron wird von seiner neoliberalen Regierungslinie nicht abweichen.

In diesem Kommentar soll weder von den auf schärfste zu kritisierenden existierenden Querfront-Tendenzen abgelenkt werden, noch wollen wir all ihre Forderungen von Gilets Jaunes gutheißen. Ganz im Gegenteil: Die Forderung nach konsequenteren Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber*innen lehnen wir entschieden ab.

Wir wollen es uns dennoch erlauben, auf das aufmerksam zu machen, was scheinbar Teile der deutschen Linken vergessen haben: Dass es für viele Menschen bei diesen Protesten um die Bedrohung ihrer Existenz geht. Mehr als 8 Millionen Menschen in Frankreich, also rund 14% der Bevölkerung, leben mit einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze. Während Macrons wirtschaftsfreundliche Politik auf der einen Seite alleine zwischen dem ersten Halbjahr 2017 und 2018 14 Milliarden Euro durch die Senkung der Vermögens- und Unternehmenssteuer von unten nach oben verteilt hat, werden auf der anderen Seite Renten eingefroren, Sozialsteuern erhöht und Sozialleistungen gekürzt, um die entstandenen Haushaltslöcher zu stopfen. Hinzu kommen ein massiver Stellenabbau im öffentlichen Dienst, sowie eine Arbeitsmarktreform, welche Kündigungen erleichtert und dazu führt, dass 95% aller französischen Unternehmen zukünftig nicht mehr auf Verhandlungen mit den Gewerkschaften bei Vereinbarungen über Arbeitszeiten und Gehälter angewiesen sind. Macrons Antwort auf die miserable Situation breiter Teile der Bevölkerung ist somit der massive Rückbau der sozialen Errungenschaften der 5. Republik. Die Erhöhung der Benzinpreise stellt vor diesem Hintergrund eine weitere enorme Belastung für die Unteren der Gesellschaft und eben jene die den Abstieg fürchten müssen dar. Dennoch kann sie nicht als Grund, sondern nur als Anlass der aktuellen Proteste verstanden werden. 

Wir wissen, dass trotz dieser Umstände die Bewegung nicht von der berechtigten Kritik freigesprochen werden kann. Gilets Jaunes ist keine Partei oder Organisation – sie ist eine Bewegung, die aus gravierenden gesellschaftlichen Verwerfungen entstanden ist.

Die Aufgabe linker Politik ist es einen Beitrag für ein besseres Leben aller Menschen zu leisten. In diesem Sinne bringen wir uns mit einem emanzipatorischen Anspruch in gesellschaftliche Kämpfe ein, gestalten sie und zeigen uns solidarisch mit den Protestierenden und den Opfern von Polizeigewalt!